Wann und wovor sind Hinweisgeber geschützt?

Die EU-Whistleblower-Richtlinie will zunächst Unternehmen ab einer Mitarbeiterzahl von 50 und öffentliche Einrichtungen, wie Städte und Gemeinden, mit mehr als 10.000 Einwohnern dazu verpflichten, interne Meldesystem zu etablieren.

Jemand tippt auf einem Laptop

Ziel der EU-Whistleblower-Richtlinie

Mit einem wirksamen Meldesystem sollen Missstände im Unternehmen oder in öffentlichen Stellen aufgedeckt und beseitigt werden. Die EU-Whistleblower-Richtlinie formuliert in erster Linie Mindeststandards an solche Systeme und schließt dabei insbesondere einen ausgewogenen und effizienten Hinweisgeberschutz mit ein. Die Risiken von unbemerkten Verstößen gegen Unionsrecht werden eingedämmt und ein rechtskonformes Handeln des Unternehmens bzw. der öffentlichen Stelle befördert. Letztlich soll mit solchen Hinweisgebersystemen auch ein Beitrag zur Prävention und Abschreckung von Verstößen geleistet werden.

Für meldende Personen wird ein besonders hohes Schutzniveau sichergestellt, um diese vor eventuell zu befürchtenden Repressalien zu schützen. Erst wenn dieser Schutz besteht und Hinweisgeber Vertrauen in die Hinweisgebersysteme gewinnen, können deren Zwecke effektiv erreicht werden.

Was sind Verstöße nach der Whistleblower-Richtlinie?

In der EU-Whistleblower-Richtlinie wird von „Verstößen“ gesprochen. Hierbei handelt es sich um Handlungen oder auch Unterlassungen, welche rechtswidrig sind und gegen die Rechtsakte der Union verstoßen.

Über diese Vorgaben könnte der nationale Gesetzgeber auch hinausgehen und weitere Rechtsverstöße nach nationalem Recht mit einbeziehen. Ganz konkret betrifft das Unionsrecht beispielsweise nur sehr eingeschränkt deutsches Strafrecht. Es zeichnet sich ab, dass auch strafrechtliche Verstöße in den Anwendungsbereich eines deutschen Hinweisgeberschutzgesetzes aufgenommen werden.

Wann greift der Schutz der Richtlinie?

Hinweisgeber oder sog. Whistleblower werden durch die Richtlinie geschützt, wenn diese eine Meldung eines Verstoßes vorgenommen haben (ganz gleich, ob intern, extern oder öffentlich) und sie davon ausgehen konnten, dass der gemeldete Verstoß der Wahrheit entspricht. Ausreichend ist hier, dass der Hinweisgeber beim Zeitpunkt der Meldung, von einem Verstoß ausgeht. Dabei ist wichtig, dass die meldende Person einen hinreichenden Grund hatte, dass der Verstoß eine Gefährdung von öffentlichen Interessen darstellt.

Dazu fallen auch meldende Personen unter die Richtlinie, welche zunächst eine anonyme Meldung eines Verstoßes vorgenommen haben und im Nachhinein identifiziert wurden. Auch hier gelten die beiden oben genannten Voraussetzungen.

Somit erhalten Hinweisgeber einen Schutz, wenn Sie eine Meldung erstattet haben und einen hinreichenden Grund zur Annahme hatten, dass ein Verstoß gegen Unionsrecht vorliegt.

Wie zuvor beschrieben könnte sich der Schutzbereich mit dem deutschen Hinweisgeberschutzgesetz auch auf die Meldung weiterer „Verstöße“ ausweiten.

Wovor werden Hinweisgeber geschützt?

Die Richtlinie spricht von einem Schutz vor sogenannten Repressalien für Hinweisgeber. Dabei ist auch der Versuch, sowie die Androhung von Repressalien mit inbegriffen. Solche Repressalien wären etwa:

  • Kündigung, Suspendierung oder ähnliche Maßnahmen
  • Herabstufung oder Versagung von Beförderungen
  • Aufgabenverlagerung, Änderung des Arbeitsortes oder der Arbeitszeit
  • Versagung der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen
  • negative Leistungsbeurteilung oder Ausstellung eines schlechten Arbeitszeugnisses
  • Disziplinarmaßnahme, Rüge oder sonstige Sanktionen (inkl. finanzieller)
  • Nötigung, Einschüchterung, Mobbing, schlechtere Behandlung oder Ausgrenzung
  • Nichtumwandlung eines befristeten Arbeitsvertrags in einen unbefristeten Arbeitsvertrag in Fällen, in denen der Arbeitnehmer zu Recht erwarten durfte, einen unbefristeten Arbeitsvertrag angeboten zu bekommen
  • vorzeitige Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrags oder Nichtverlängerung desselbigen

Auch Hinweisgeber, die keine Mitarbeiter der Unternehmen oder öffentlichen Stellen sind, sondern mit diesen als Vertragspartner zusammenarbeiten und bei dieser Gelegenheit Missstände entdeckt und gemeldet haben, sind vor Repressalien geschützt. Denkbar ist hier vor allem:

  • die vorzeitige Kündigung oder Aufhebung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen oder
  • der Entzug einer Lizenz oder Genehmigung.

Dabei ist durch die EU-Richtlinie nicht nur der Schutz vor den genannten Repressalien vorgesehen, sondern auch sogenannte unterstützende Maßnahmen. Diese Unterstützung soll durch Information und Beratung zu Abhilfemaßnahmen und Verfahren erfolgen. Dazu gehört auch die Prozesskostenhilfe oder finanzielle Hilfen bei einer nötigen psychologischen Betreuung.

Umsetzung des nationalen Gesetzgebers bleibt abzuwarten

Die EU-Whistleblower-Richtlinie setzt insoweit Mindeststandards, die vom nationalen Gesetzgeber umzusetzen sind. Auch hinsichtlich der Schutzmaßnahmen kann der deutsche Gesetzgeber über die genannten Maßnahmen der Richtlinie hinausgehen. Zum derzeitigen Zeitpunkt hat die Bundesregierung Deutschland noch kein Hinweisgeberschutzgesetz beschlossen und verabschiedet. Wir werden die Entwicklungen weiter verfolgen und Sie hierüber auf dem Laufenden halten.