Anonyme Hinweiskanäle - Nicht verpflichtend, aber empfehlenswert

Die EU-Whistleblower Richtlinie sieht keine Pflicht vor, auch die Abgabe anonymer Hinweise zuzulassen. Das ist insoweit konsequent, als die Richtlinie Mitarbeiter, die Hinweise abgeben, unter einen besonderen Schutz stellt und wenn die Identität des Hinweisgebers gar nicht bekannt ist, sollte ein Schutz nicht notwendig sein.

Frau tippt auf Laptop. Kaffe steht daneben

Trotzdem ist es für Unternehmen empfehlenswert, auch anonyme Hinweise entgegenzunehmen und diesen nachzugehen – warum das so ist, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Missstände in Unternehmen bergen sowohl strafrechtliche als auch Reputations-Risiken und können selbst dann, wenn die Missstände nicht einmal strafrechtlich relevant sind, dazu führen, dass das gesamte Unternehmen bei Geschäftspartnern und Kunden in Misskredit fällt. Häufig ist es das Fehlverhalten Einzelner, dass solche Folgen nach sich zieht. Es kann und soll nicht Aufgabe der Geschäftsführung sein, jeden Mitarbeiter zu überprüfen; gleichwohl sollte die Geschäftsführung besonderes Interesse daran haben, Missständen frühzeitig aufzudecken, um Gefahren abzuwenden und Schlimmeres zu verhindern.

Kollegen und andere Mitarbeiter des Unternehmens sind meist die Ersten, die Fehlverhalten oder generelle Missstände als Erste wahrnehmen. Doch meldet ein Hinweisgeber einen Verdacht, fühlt er sich eventuell als „Petze“ – oder wird danach von Kollegen und Vorgesetzten nachteilig behandelt. Diese Wahrnehmung ist zwar nicht richtig und vor allem für Unternehmen nicht zielführend, hindert aber Hinweisgeber häufig daran, eine Meldung abzugeben. Das Unternehmen sollte daher ein vertrauensvolles Umfeld schaffen und die Hemmschwelle für die Meldung von Hinweisen so gering wie möglich setzen. Das Mittel, das hierfür am naheliegendsten ist und unproblematisch umgesetzt werden kann, ist die Einrichtung anonymer Hinweiskanäle.

Anonymität ermöglichen und Hinweisgeber ermutigen

Eine der größten Hürden für potentielle Hinweisgeber ist ihre Angst vor Repressalien. Mitarbeiter sind vom Unternehmen mindestens finanziell abhängig. Sie fürchten, dass sie bei der Meldung möglicher struktureller Missstände im Unternehmen von diesem in Zukunft benachteiligt werden. Auch unter Kollegen will niemand den Ruf eines „Denunzianten“ haben, wenn er oder sie das Unternehmen auf den Verdacht relevanten Fehlverhaltens anderer Mitarbeiter hinweist. Die EU Whistleblower-Richtlinie soll Hinweisgeber zwar genau vor solchen Folgen schützen, doch gesetzliche Schutzmaßnahmen vermitteln nur ein geringes Sicherheitsgefühl für Hinweisgeber. Nur anonyme Meldekanäle können Hinweisgebern eine Sicherheit geben, die deren Hemmschwellen deutlich absenken kann.

Unternehmen, die auf diese Ängste reagieren, zeigen, dass sie erkannt haben, dass es bei Hinweisgebersystemen darum geht, Missstände aufzudecken. Entscheidend ist der Inhalt des Hinweises, nicht die Identität des Hinweisgebers.

Missbrauch interner Hinweiskanäle ist kaum zu befürchten

Der Referentenentwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz von Anfang des Jahres 2021 folgte der EU Whistleblower-Richtlinie und wollte Unternehmen nicht dazu verpflichten, anonyme Hinweise zu bearbeiten. Als Grund wurde hierfür u.a. angeführt, dass man die Hinweisgebersysteme vor Überlastung schützen wolle und erste Erfahrungen mit internen und externen Meldestellen abwarten wolle. Allerdings gibt es Hinweisgebersysteme nicht erst seit der EU Whistleblower-Richtlinie. Die Erfahrungen aus bisherigen Anwendungen liefern keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass anonyme Hinweise die internen Meldekanäle unverhältnismäßig überlasten würden. Missbrauch ist auch unter der Angabe falscher Klarnamen denkbar. Häufig sind es Bagatell-Meldungen und die Meldung von unsachgemäßen Hinweisen, die den größten Anteil des Bearbeitungsaufwands ausmachen.

Kommunikation mit anonymen Hinweisgebern ist nicht ausgeschlossen

Für die Aufklärung einer Verdachtsmeldung kann es hilfreich sein, mit dem Hinweisgeber in Kontakt zu treten und diesem Rückfragen zu stellen. Der beste Weg, um die Abgabe anonymer Hinweise und gleichzeitig eine anschließende Kommunikation zu ermöglichen, sind digitale Hinweisgeberplattformen. Die tell it Hinweisgeberplattform stellt sicher, dass digitale persönliche Merkmale wie IP Adressen nicht aufgezeichnet werden und eine Rückverfolgung der Identität anonymer Hinweisgeber ausgeschlossen ist. Dennoch ermöglicht es tell it dem Hinweisgeber einen individuellen Zugang zur Plattform anzulegen, sodass mit ihm im Lauf der Bearbeitung des Hinweises für Rückfragen gestellt werden können. Auch dieser Zugang ist unabhängig vom Namen oder sonstigen persönlichen Angaben und erlaubt es dem Hinweisgeber anonym zu bleiben.

Mann sitzt am Laptop und lächelt

Fazit

Eine angemessene Compliance-Kultur betrachtet Hinweisgeber nicht als Verräter, sondern erkennt, dass deren Beiträge eine wertvolle Unterstützung für die Gesunderhaltung des Unternehmens sind. Die allerdings oftmals gegenteiligen Denkmuster lassen sich nicht ohne Weiteres abschalten und bis dahin fürchten potentielle Hinweisgeber häufig die verschiedensten denkbaren Repressalien, die ihnen widerfahren können. Für Unternehmen sind Hinweise wertvolle Informationsquellen, die es ermöglichen Missstände frühzeitig zu beseitigen und Schlimmeres zu verhindern – dies gilt unabhängig davon, ob der Hinweisgeber seine Identität preisgibt oder nicht. Daher bietet auch die tell it Hinweisgberplattform die Möglichkeit, anonym Hinweise abzugeben und gewährleistet darüber hinaus auch nach Abgabe des Hinweises die Möglichkeit, mit dem Hinweisgeber zu kommunizieren.